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Zeitungsartikel SZ vom Di 9.März 21

Gegenwind für den Windpark Röschenwald

Gruppe kämpft gegen die geplanten Anlagen zwischen Mochenwangen und Zollenreute

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(Foto: Bruno Friedmann)

Mit Bannern am Straßenrand macht die Bürgerinitiative auf ihre Forderung aufmerksam.

Von Philipp Richter

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Wolpertswende/Aulendorf

Gegen den geplanten Windpark im Röschenwald zwischen Mochenwangen und Zollenreute formiert sich Widerstand. Banner entlang der Straßen machen auf den Unmut für die Windparkpläne aufmerksam, außerdem sind Flugblätter in Mochenwangen, Zollenreute, Durlesbach und Umgebung verteilt worden. Hinter den Aktionen steckt eine Bürgerinitiative, die zwar schon seit Dezember 2019 existiert, sich aber bislang bedeckt gehalten und die Öffentlichkeit gescheut hat. Jetzt wagt sich die Gruppe an die Öffentlichkeit - kurz vor der Einreichung des Genehmigungsantrages für den Park mit vier Windrädern. Sie hat sich auch anwaltliche Unterstützung geholt.

„Wir wollen den Windpark verhindern“, sagt Bruno Friedmann. Er ist der Vorsitzende der „Bürgerinitiative Lebensraum Röschenwald e.V.“. „Es geht nicht generell gegen Windkraft, Windkraft im Röschenwald geht aber nicht“, stellt er klar. Die Gruppe um Bruno Friedmann besteht aus rund 30 Personen, die hauptsächlich aus Zollenreute, Reute, Münchenreute und Aulendorf sind - aber auch aus Durlesbach; also all jene Orte, die am nächsten an den geplanten Windrädern sind.

Die vier Windräder im Röschenwald werden von der „Windkraft Bodensee Oberschwaben GmbH & Co. KG“ (WKBO) aus Ravensburg und dem Windkraftanlagenhersteller Enercon aus Aurich entlang der Landesstraße 284 geplant. Es handelt sich um sogenannte Schwachwindanlagen, die auch bei niedrigen Windgeschwindigkeiten Strom erzeugen können. Sie sollen eine Höhe von 246 Metern aufweisen und einen Rotordurchmesser von 160 Meter haben. Die Nabenhöhe wird bei 166 Metern liegen. Zum Vergleich: Das Ulmer Münster ist 162 Meter hoch. Zu hoch, optisch nicht schön und obendrein muss Wald gerodet werden, findet die Initiative. „Der Wald ist verletzlich. Es gibt so viel kranken Wald, deshalb muss die Waldfläche erhalten werden“, sagt Bruno Friedmann. Außerdem müsse als Fundament für die Windräder Beton in den Boden gegossen werden. Doch es gibt auch weitere Punkte, die seine Mitstreitern besorgen.

Zum Beispiel die Geräuschemissionen, die von den Windrädern ausgehen. „Wir sind nach Bad Saulgau gefahren und haben uns die Windräder angeschaut und wissen, wie das ist“, sagt Friedmann. Laut Angaben der WKBO rechnet man direkt unter dem Windrad mit 55 Dezibel, was mit einem Radio auf Zimmerlautstärke vergleichbar ist. Im engsten Kreis sind es 50 Dezibel, vergleichbar mit Vogelgezwitscher. Bis zur Bahnlinie und dort, wo der Schall des Windparks zum ersten Mal auf Wohnbebauung trifft, sind es 40 Dezibel. Das wird auf der Internetseite www.laermorama.ch mit einem ruhigen Wohngebiet verglichen.

Aber auch der in der Fachwelt umstrittene Infraschall ist Thema. Als Infraschall bezeichnet man besonders tiefe Frequenzen, die für den Menschen nicht mehr hörbar sind. Kritiker gehen davon sagen, dass dies vom Menschen aber durchaus wahrgenommen wird und zu Problemen führen kann. „Es gibt sehr empfindliche Menschen, die in der Nähe von solchen Anlagen Unwohlsein, Schwindel oder Herzprobleme bekommen können“, so Friedmann. Die Befürchtungen: Durch den Windpark entstehe für die direkten Anlieger zusätzlich Stress und negative Auswirkungen auf die Gesundheit.

Wichtig sei der Gruppe aber vor allem der Naturraum Röschenwald. So steht es auch in der Satzung, die sich die Bürgerinitiative gegeben hat: „Zweck des Vereins ist die Förderung des Umwelt-, Natur- und Tierschutzes, insbesondere im und um den Röschenwald als Teil des Altdorfer Waldes und der ihn umgebenden Natur.“ Friedmann, der selbst auch Jäger ist, legt dabei einen Fokus auf die Tierwelt - vor allem auf die Vögel, die einen Windpark zum Kippen bringen können.

Für die Genehmigung eines Windparks ist unter anderem ein artenschutzrechtliches Gutachten vorgesehen. Das hat die WKBO erstellen lassen, sieht aber keine hinderlichen Punkte. Dennoch habe die Gruppe im vergangenen Jahr selbst eine Kartierung des geschützten Rotmilans und Schwarzstorchs vorgenommen. „Wir haben eine Raumnutzungsanalyse erstellt“, sagt Friedmann. Dazu habe man sich auch Unterstützung von der Bürgerinitiative Lebenswertes Haistergau geholt. „Vielleicht haben wir ja ganz andere Horste gefunden als die Gutachter“, sagt Friedmann. So könne man dann gezielt einen Widerspruch einlegen.

Das hat die Initiative auch bei der Anhörung des Regionalplans gemacht, der vor allem wegen des Kiesabbaus für Schlagzeilen sorgt. Dazu hat sich Gruppe anwaltliche Hilfe geholt und eine entsprechende Stellungnahme abgegeben.

Aber was sagt Bruno Friedmann zum Thema Energiewende? Ohne Windkraft ist diese kaum zu schaffen. Er findet, Windkraft solle dort gebaut werden, wo sie niemanden stört und wo es ertragreich ist. Den Röschenwald sieht er dabei nicht. Außerdem könne man beim Thema Solarenergie in der Region viel mehr machen. „Es gibt so viele ungenutzte Dächer, die sich eignen würden“, sagt er. Das sagt im Übrigen auch der Solaratlas der Energieagentur Ravensburg. Auch Solarparks könnten eine Lösung sein. Aber gegen die regt sich auch Widerstand, wie etwa in der Gemeinde Wolfegg.

© 2021  10-03-2021 Vegas

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